Wie häufig kommen Geschlechtskrankheiten in Deutschland vor?
Dass es wirklich eine Menge verschiedener STI gibt, haben wir nun oft genug erwähnt. Aber welche Geschlechtskrankheiten gibt es in Deutschland und wie häufig kommen sie vor?
Dazu muss man zuallererst sagen, dass seit der Einführung des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) im Jahr 2001 nur noch HIV, Hepatitis und Syphilis einer Meldepflicht unterliegen. Das heißt also, dass die Zahlen, die wir hier aufführen auf Studien und Schätzungen (überwiegend des Robert-Koch-Instituts) basieren und die Dunkelziffer weit höher ausfallen könnte.
Die häufigsten Arten der sexuell übertragbaren Krankheiten in Deutschland sind: Chlamydien, HPV, Gonorrhoe (Tripper), Syphilis, Genitalherpes und Genitalwarzen, sowie Hepatitis B und C und HIV.
Chlamydien
Eine Infektion mit Chlamydien verläuft bei 70-80 % der Frauen* und 50 % der Männer* symptomlos und wird deswegen oftmals gar nicht entdeckt. Unbehandelt können Chlamydien bei Frauen* zu schweren Folgen wie Entzündungen der Eileiter oder der Gebärmutterschleimhaut führen bis hin zur Unfruchtbarkeit. Bei Männern* gehören Harnwegsinfektionen, Arthritis (Gelenkentzündungen) und Tendovaginitis (Sehnenscheidenentzündung) zu den Folgen.
Laut dem Robert Koch Institut (RKI) wird seit Ende der 1990er-Jahre in zahlreichen Ländern ein Anstieg dieser Infektionen beobachtet.
In Deutschland besteht keine Meldepflicht für Chlamydien, man rechnet aber mit ca. 300.000 Neuinfektionen pro Jahr, wobei die Mehrzahl der Betroffenen weiblich ist.
HPV
Auch für HPV gibt es in Deutschland keine Meldepflicht und damit auch keine regelmäßig erhobenen Daten zur Häufigkeit von HPV-Infektionen. Nichtsdestotrotz gehören die Humanen Papillomviren (HPV) zu den häufigsten sexuell übertragbaren Infektionen und sind weltweit verbreitet. Fast alle sexuell aktiven Frauen infizieren sich im Laufe des Lebens mindestens einmal mit HPV, vor allem in den ersten Jahren nach Aufnahme der sexuellen Aktivität.
Man geht davon aus, dass etwa 6.250 Frauen und 1.600 Männer in Deutschland jedes Jahr aufgrund von HPV an Krebs erkranken. Bei Frauen verursacht HPV vor allem Krebs am Gebärmutterhals; bei Männern verursachen HPV-Infektionen vor allem Krebs im Mund- und Rachenraum.
Gonorhoe (Tripper)
Der Tripper ist nach Schätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) heute mit ca. 87 Millionen Erkrankungsfällen pro Jahr die dritthäufigste sexuell übertragbare Infektion. Betroffen sind vorzugsweise junge Menschen im Alter von 15 bis 25 Jahren. Da in Deutschland keine generelle Meldepflicht für Gonokokken-Infektionen gemäß Infektionsschutzgesetz (IfSG) besteht, stehen keine bundesweiten aktuellen epidemiologischen Daten zur Verfügung. Ausschließlich im Bundesland Sachsen besteht eine Labormeldepflicht. Die Meldedaten aus Sachsen zeigen eine Verzehnfachung der gemeldeten Gonokokken-Infektionen von 1,8 Infektionen/100.000 Einwohner im Jahr 2001 auf 19,9/100.000 im Jahr 2019.
Syphilis
Seit 2010 wird ein Anstieg von Syphilis-Fällen in Deutschland beobachtet. Von 2009 bis 2019 hat sich hierzulande die Zahl der Syphilis-Fälle etwa verdoppelt. So stieg die Inzidenz – abgesehen von einem leichten Abfall im Jahr 2018 – kontinuierlich auf knapp 8.000 Fälle im Jahr 2019 an. Dies entspricht 531 (7,2 %) mehr gemeldeten Syphilis-Fällen als noch im Vorjahr. Und die Zahlen steigen weiter an.
Wie auch in den letzten Jahren kann man große Unterschiede in der Syphilis-Inzidenz zwischen den einzelnen Bundesländern beobachten. Die mit Abstand höchsten Inzidenzen wurden in Berlin (39,7) und Hamburg (24,5) registriert. Leicht höher als im Bundesdurchschnitt war die Inzidenz auch in Nordrhein-Westfalen (11,4). Die Inzidenz in allen anderen Bundesländern lag unter dem Bundesdurchschnitt, mit den niedrigsten Werten in Mecklenburg-Vorpommern (4,3) und Brandenburg (4,1).
Die steigende Anzahl von Syphilis-Infektionen in Deutschland unterstreicht die Notwendigkeit einer frühzeitigen Diagnose und Behandlung, um Infektionsketten möglichst frühzeitig zu unterbrechen und dadurch neue Infektionen zu verhindern.
HIV
Laut Schätzungen des RKI liegt im Jahre 2020 die Zahl der HIV-Infizierten in Deutschland bei etwa 91.400. Dies ist im Vergleich zu anderen europäischen Ländern eine eher niedrige Zahl. Rund 9.500 Menschen in Deutschland wissen nichts von ihrer Infektion und erhalten keine Behandlung. Deswegen erkranken immer noch rund 900 Menschen pro Jahr an Aids oder einem schweren Immundefekt – obwohl es durch einen frühzeitigen HIV-Test vermeidbar wäre.
Hepatitis B
Weltweit lebten im Jahr 2019 nach Angaben der WHO 296 Millionen Menschen mit einer chronischen Hepatitis B. Trotz der Verfügbarkeit einer wirksamen Schutzimpfung infizieren sich jedes Jahr schätzungsweise 1,5 Million Menschen mit dem Hepatitis-B-Virus (HBV) und im Jahr 2019 starben etwa 820.000 Menschen weltweit an den Folgen einer HBV-Infektion. Nach Schätzungen der WHO sind weltweit nur 10 % der chronisch HBV-Infizierten diagnostiziert und nur 22 % von ihnen erhalten eine Therapie.
Deutschland gehört zu den Niedrigprävalenzländern für Hepatitis B. Für das Jahr 2021 wurden insgesamt 8.353 Hepatitis-B-Fälle an das RKI gemäß Fall- und Referenzdefinition übermittelt. Dies entsprach einer bundesweiten Inzidenz von 10 gemeldeten Infektionen pro 100.000 Einwohnern.
…gibt es zahlreiche weitere sexuell übertragbare Krankheiten der Harnwege und Genitalien, die zwar lästige Symptome verursachen, aber leicht zu behandeln sind. Je früher die Infektion diagnostiziert wird, desto besser sind die Chancen, sie zu behandeln und zu heilen.